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Werbeverbote und Vermarktungsgebote in
der EU
Wettbewerbs-Tücken der
griechischen Sprache
lts.
Brüssel, 24. Oktober
Haben
Sie schon ein Paar Hosen geraucht? Kommt es gelegentlich vor, dass Sie Kosmetika
erhitzen und die freiwerdenden Dämpfe inhalieren? Je nach Temperament werden
derart Befragte belustigt oder empört verneinen, über den seltsamen Humor des
Fragestellers den Kopf schütteln und zur Tagesordnung übergehen. Es sei denn,
sie wollten legal hergestellte Hanfprodukte wie Bekleidung, Schuhe, Schreibwaren
oder Kosmetika in Griechenland verkaufen. Anbieter derartiger Produkte riskieren
nämlich, dass ihre Ware von den hellenischen Behörden aus dem Markt genommen
und beschlagnahmt wird. Die Marktpolizei, so ist die Regierung in Athen überzeugt,
handelt dabei nicht willkürlich, sondern stützt sich auf ein griechisches
Gesetz ab, das Werbung für illegale Drogen verbiete. Cannabis gleich Hanf?
«Was
aber haben der Kampf gegen unerlaubte Drogen und das rätselhafte
Vermarktungsverbot für Hanfhemden oder Hanföl miteinander zu tun?», fragten
sich vom griechischen Verbot betroffene Händler und beschwerten sich bei
derEU-Kommission, Griechenland verletze die Regeln des Binnenmarktes, wenn es in
anderen EU-Staaten rechtens hergestellte und vertriebene Produkte aus den
Gestellen entfernen lasse. Den Schlüssel zu diesem handelspolitischen Rätsel
glaubt die Brüsseler Wettbewerbsbehörde in der griechischen Sprache gefunden
zu haben. Diese könne zwischen «Cannabis» und «Hanf» nicht unterscheiden,
halfen Linguisten den Wettbewerbshütern auf die Spur. «Cannabis» bezeichne im
Griechischen sowohl das Rauschmittel als auch die Nutzpflanze. Damit
Griechenlands Konsumenten auf diesem sprachlich schmalen Pfad der Tugend ja
nicht vom rechten Weg abkommen und abstürzen, beschlagnahmen die Behörden
prophylaktisch Produkte, die mit einem Hanfblatt als Logo vermarktet werden oder
auf denen Hanf, Griechisch eben «Cannabis», als Rohstoff deklariert ist.
Die
Verantwortlichen in Athen sehen in ihrem Verhalten keinen Verstoss gegen den
Binnenmarkt. Läden mit Hanf-Produkten im Sortiment würden ja nicht
geschlossen, und die Behörden konfiszierten nur dann Waren, wenn das Logo oder
die Vermarktungsmethoden eindeutig den Gebrauch illegaler Drogen propagierten.
Eben: wenn die indirekte Werbung allenfalls sogar zum Kiffen von Hanfhosen oder
zum Sniffen von Cannabis-Kosmetika-Dämpfen verführen könnte. Rüge aus Brüssel
Der
sehr allgemein gehaltene Rechtfertigungsversuch des hellenischen Behördeneingriffs
verfing bei der Kommission jedoch nicht. Die Griechen mussten sich sagen lassen,
dass ein Werbeverbot für Drogen zwar durchaus sinnvoll, die praktische
Anwendung in Griechenland indes willkürlich sei. Trotz Nachfragen hätten die
griechischen Autoritäten nämlich nicht klarstellenkönnen, was genau sie als
illegale Werbung betrachteten. Zudem ziehe die schwere Amtshand auch
Hanferzeugnisse ein, auf denen sich weder Symbole noch Aufschriften befänden,
die man als Cannabis-Werbung betrachten könne. Die Kommission kam deshalb in ihrer begründeten Stellungnahme zum Schluss, Griechenlandverstosse mit seiner unverhältnismässigen Anwendung des Drogen-Werbeverbots gegen denGrundsatz des freien Warenverkehrs im Binnenmarkt. Ein mit Gründen versehenes Mahnschreiben ist die zweite Stufe im EU-Vertragsverletzungsverfahren. Schaltet der ermahnte Mitgliedstaat weiter auf stur, riskiert er eine Klage der Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg.
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