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Nach dem ersten Tor kam der "Rumms"

Für Vassilis Jannakis, den Kapitän der "Express Samina", war es bereits der dritte Schiffbruch. 1989 setzte er vor Kreta die unter seinem Kommando stehende Fähre Nireas auf ein Riff. Vor vier Jahren war er dabei, als vor der Insel Ägina die Schiffe Georgios und Saronikos kollidierten. Derart geübt in Havarien, hätte Jannakis wissen müssen, was er zu tun hatte, als er am Dienstagabend von der Kollision seines Schiffes mit einem allseits bekannten, gut beleuchteten, 23 Meter hohen Riff überrascht wurde. Aber als einer der ersten, so berichteten Passagiere, die nach stundenlangem Überlebenskampf aus der sturmgepeitschten See gerettet wurden, verließ Kapitän Jannakis das sinkende Schiff.
"Blind" müsse offenbar gewesen sein, wer die "Express Samina" mit voller Kraft voraus auf den Felsen gesteuert habe, erklärte geknickt Konstantin Klironomos, der Präsident der Reederei Minoan Lines. Kapitän Jannakis allerdings scheint keine Sehstörungen zu haben. Bis zum "großen Rumms", wie die deutsche Reisende Marion Steinhoff die Kollision beschrieb, hatte der Kommandant vor dem Fernseher gebannt das Fußballspiel Hamburger SV gegen den griechischen Erstligisten Panathinaikos verfolgt und sich gerade über den ersten Treffer seiner Mannschaft gefreut.
Auch der Erste Offizier bejubelte das Tor. Während die Herren fernsahen, stand ein Matrose am Ruder der Express Samina. Als er wenig später auf die Brücke zurückkehrte, sei das Unheil nicht mehr abzuwenden gewesen, gestand der Offizier am Donnerstag. Er übernehme die Verantwortung für die Katastrophe.
Gegen Kapitän Jannakis, drei Offiziere und den glücklosen Matrosen läuft nun ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Totschlags. Aber Sorgen machen muss sich auch Pandelis Sfinias, Chef der Minoan Flying Dolphins (MFD), der das gesunkene Schiff gehörte. Die Ermittlungen werden möglicherweise auch auf ihn ausgeweitet. Den Unternehmer Sfinias muss reuen, dass er ausgerechnet den ältesten Pott seiner Flotte, der 1998 bei einer Sicherheitsüberprüfung durch die Stiftung Warentest schlechte Noten bekam und von einem britischen Reise-Magazin als "zweifellos schlimmste griechische Fähre" eingestuft wurde, dem Kommando des notorischen Havaristen Vassilis Jannakis anvertraute.
Im griechischen Fernsehkanal Mega-TV gab sich der MFD-Chef am Mittwochabend zerknirscht. "Rückhaltlos aufgeklärt" werden müsse das Unglück, forderte Sfinias. Der in der Branche als eher kaltschnäuzig bekannte Manager vergoss während des Live-Interviews sogar einige Tränen. Aber der Gefühlsausbruch, ob nun echt oder gespielt, half wenig. Die Reederei ist ins Gerede geraten. Die Seeleute-Gewerkschaft, ohnehin mit MFD über Kreuz wegen angeblich nicht bezahlter Überstunden, plant Proteste. Die Aktien der Muttergesellschaft Minoan Lines, des größten Fährschiff-Konzerns im Mittelmeer, stürzten am Tag nach dem Unglück um 15 Prozent ab.
In beispiellosem Tempo hatte Sfinias während der vergangenen zwei Jahre seine MFD zum Marktführer in den griechischen Gewässern gemacht. Die bunt zusammengewürfelte Flotte umfasst mittlerweile 76 Schiffe. Darunter sind drei hochmoderne, erst in diesem Sommer in Dienst gestellte Katamaran-Fähren, aber auch veraltete Tragflügelboote russischer Herkunft. Von den 28 konventionellen Autofähren der Gesellschaft sind immerhin 22 älter als 26 Jahre. Mit deren Aufkauf rettete Sfinias einige griechische Familienreedereien vor dem drohenden finanziellen Untergang. Und er entledigte sich der meisten Konkurrenten. Aber jetzt gerät MFD selbst in Seenot. Das gesamte Unternehmenskonzept bekommt Schlagseite.
Griechenlands Ministerpräsident Kostas Simitis will die Verantwortlichen für den Untergang der Fähre zur Rechenschaft ziehen. "Dies wird geschehen, egal wie hoch die Verantwortlichen stehen", sagte er nach einer Kabinettssitzung

 

 

 

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